Samstag, 19. Februar 2011

Der Markt hat nicht immer recht - Wilfried Stadlers Sicht der Finanzmarktkrise

Der frühere Bankmanager Dr. Wilfried Stadler, derzeit Konsulent für das Bankhaus Spängler in Salzburg und Mitherausgeber der österreichischen Wochenzeitschrift "Die Furche" hat ein bemerkenswertes Buch zum Thema "Finanzmarktkrise" geschrieben. Er trifft den Kern des Problems, wenn er meint: "Auch im vierten Jahr der Krise können wir noch nicht zur Tagesordnung übergehen. Die kostspielige Symptomverlagerung von der Bankwirtschaft in die Staatsbudgets bedroht die Kreditwürdigkeit der öffentlichen Haushalte in einer Weise, die sogar den Zusammenhalt der Euro-Zone in Frage stellt."

Dr. Wilfried Stadler
In diesem Zusammenhang sollte man sich vor Augen führen, dass sich der Schuldenstand Österreichs wie folgt entwickelt hat: Im Jahre 2007 betrugen die Staatsschulden ca. 161,2 Milliarden EUR, was einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 59,3 % entspricht. Ende 2010 hingegen lagen die Staatsschulden bereits bei 198,4 Milliarden oder 70,1 % des BIP. Anläßlich einer Pressekonferenz in Wien verwies Herr Stadler darauf, dass diese Entwicklung zu einer "Verschärfung der Verteilungsprobleme" führen werde. Ergänzend sei vermerkt, dass durch Staatsschulden in Höhe von fast 200 Milliarden EUR Kreditzinsen pro Jahr anfallen, die in Richtung von 8 Milliarden EUR  gehen. (siehe auch http://www.staatsschulden.at/ )

Trotz dieser dramatischen Entwicklung ist das Bewusstsein für notwendige, substanzielle Reformschritte noch eher schwach ausgeprägt. Der Autor hat das treffend formuliert: " ... bis heute fehlt eine vertiefte Diskussion über die offenkundigen Systemmängel bisher hochgehaltener Dogmen und das damit verbundene Eingeständnis, dass es nicht nur oberflächlicher Korrekturen, sondern eines echten Paradigmenwechsels bedarf, um eine Wiederholung der Finanz-und Wirtschaftskrise zu verhindern." Diese Aussage wiegt schwer.

Als weiteres Risikofeld ortet der Finanzexperte die sogenannten Schattenbanken. "Diese oft in Steueroasen gegründeten Investitionsgesellschaften ermöglichten es den Banken, unter Ausnützung aller regulatorischen Möglichkeiten trotz knappen Eigenkapitals außerhalb ihrer eigenen Bilanz hohe Investitionen zu tätigen." Diese "Schattenbanken" würden sich über geltende Spielregeln hinwegsetzen und "außerhalb der Lichtkegel der Kontrollscheinwerfer der Notenbanken" agieren. Seinen Informationen zufolge würden derzeit ca. 1,3 Mal so viel Geschäftsvolumen über Schattenbanken abgewickelt als im "transparenten" Sektor der Geldwirtschaft.

Wilfried Stadler beschreibt in seinem Buch mit dem Detailwissen eines Insiders, wie es zur Krise kam, welche problematischen Weichen gestellt wurden und welche Lösungsansätze er persönlich sehen würde, künftige Krisenentwicklungen einzudämmen. Dazu ein Schlaglicht: ".. es bedarf schmerzhafter Korrekturen an verfehlten Systemelementen. Damit das Bankensytem wieder zum Dienstleister der Realwirtschaft wird, muss die richtige Reihenfolge wieder lauten: Wertschöpfung vor Geldschöpfung."

Im Schlusskapitel des Buches geht der Autor auf das Verhältnis von Politik und Wirtschaft und auf ethische Fragen ein. "Wenn wir nicht eine Welt wollen, in der der Mensch nur mehr als Arbeitskraft und Konsument zählt, während er uns als unverwechselbare Person immer gleichgültiger wird, sollten wir respektieren, dass Wirtschaft und Ethik keine Alternativen sind: Eines setzt vielmehr das andere voraus."

Wilfried Stadler: Der Markt hat nicht immer recht - Über die wirklichen Ursachen der Finanzmarktkrise und wie wir die nächste vermeiden können. Linde Verlag, Wien 2011. http://www.lindeverlag.at/

Wer an der Expertise von Wilfried Stadler und vertiefenden Analysen interessiert ist, kann ihn auch als Vortragenden gewinnen. Die Redneragentur topspeaker, gegründet von Heidi Glück, ehemalige Beraterin und Pressesprecherin unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, wird dabei gerne behilflich sein. http://www.topspeaker.at/

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